Berlin, am 10. Oktober 2018 – Die Vorgaben der „Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen“ von 1997 sind mittlerweile längst überholt und sollen nun durch eine S3-Leitlinie ersetzt werden, die einer ganzheitlichen Trans-Gesundheitsversorgung gerecht wird. Die neuen Leitlinien sind heute von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) akzeptiert und veröffentlicht worden.
Mari Günther vom BVT* Vorstand, die gemeinsam mit Arn Sauer für den BVT* in den Prozess eingebunden war, sagt:
„Die Trans-Gesundheitsversorgung erfolgte in Deutschland viel zu lange mit Hilfe völlig veralteter Sichtweisen auf trans*geschlechtliches Leben. Dies führte zu einer massiven Diskriminierung und zu einem Leiden von trans* Personen, obwohl es doch der Auftrag der Gesundheitsversorgung ist, Leiden zu lindern. Wenn es bisher eine Haltung gegenüber dem Phänomen Trans* gab, welche dieses als psychische Störung wertete und somit davon ausging, dass trans* Menschen psychisch krank seien, keine verantwortlichen Entscheidung für sich selbst treffen können und vor sich selbst geschützt werden müssen, dann sollen – aus Sicht der Community im Sinne eines Paradigmenwechsels – nun trans* Personen als mündige und selbstbestimmt handelnde Menschen respektiert werden, die nach umfassender Information die bestmöglichen Entscheidungen für sich und ihr Wohlbefinden treffen können. Eine trans*respektvolle und trans*positive Gesundheitsversorgung ist auch besonders wichtig angesichts der aktuellen rechtlichen Situation. Die Medizin signalisiert hiermit eine weitreichende Selbstbestimmung von Trans*, diese muss sich gleichermaßen im kommenden Gesetz zum dritten Geschlechtseintrag und in der Überarbeitung des ‚Transsexuellengesetzes‘ niederschlagen.“
Hintergrund:
Auf Anregung der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) fand im Mai 2011 eine erste Sitzung zur Entwicklung von Rahmenbedingungen einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer Leitlinie für die Behandlung von trans* Personen in Hamburg statt. So beschäftigte sich eine Gruppe von wissenschaftlichen Fachgesellschaften damit, eine mit der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und unter Einbezug von Interessensgruppen durch Anhörungen und mit dem BVT* abgestimmte Leitlinie zur Geschlechtsdysphorie auszuarbeiten. Die nun vorliegende S3-Leitlinie soll die Trans-Gesundheitsversorgung in Deutschland aus einer differenzierten psychosozialen Perspektive individualisieren, flexibilisieren und insgesamt modernisieren. In dieser Leitlinie geht es primär um die Diagnostik, Beratung und Behandlung bei gesundheitlichen Belastungen im körperlichen, psychischen und psychosozialen Bereich. Aus Sicht der Trans* Community kann diese Leitlinie ein wichtiger Schritt im Rahmen einer weiteren Entpathologisierung von Trans* Sein.
S3 Leitlinie zur Diagnostik, Beratung und Behandlung
Presseerklärung im PDF Format
(Bildquelle: AWMF)