Unterstrich, Sternchen oder Doppelpunkt? Warum wir schreiben, wie wir schreiben

Über die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache im Bundesverband Trans*

Trans* als Adjektiv, wenn über Personen geschrieben wird

Trans* Personen haben – wie alle anderen Menschen – viele Eigenschaften. Für viele trans* Personen ist ihre geschlechtliche Identität ein wichtiger, jedoch nicht der einzige relevante Teil ihrer Persönlichkeit. Wird trans* groß geschrieben (wie bei den Schreibweisen ‚Trans* Frau‘,‚Trans*-Frau‘ oder ‚Transfrau‘), wird die Eigenschaft, trans* zu sein, überbetont. Der Bundesverband Trans* schreibt trans* daher klein und getrennt (wie bei dieser Schreibweise: trans* Mann, trans* Frau, trans* Person).

Generell werden Eigenschaften im Deutschen als Adjektiv benannt: eine brünette Frau, ein kleiner Mann. Wir sagen und schreiben nicht Brünett-Frau oder Klein-Mann oder gar Brünettfrau oder Kleinmann. Wenn Schreibweisen wie Trans*-Frau/Trans*-Mann oder Transfrau/Transmann verwendet werden, käme dies jedoch einer Schreibweise wie Brünett-Frau oder Kleinmann gleich.

Der Bundesverband Trans* empfiehlt daher Schreibweisen wie trans* Frau, trans* Mann, trans* Person, wenn es um Personen geht.

Trans*- als Vorsilbe für Abstraktes

Wenn wir über Einrichtungen oder abstrakte Konzepte sprechen, schreibt der Bundesverband Trans* den Begriff Trans* groß und verwendet diesen als Vorsilbe in zusammengesetzten Substantiven.
Beispiele: Trans*gesundheitsversorgung, Trans*verein, Trans*elternschaft.
In diesem Fall geht es um die Gesundheitsversorgung von trans* Personen. Es geht um einen Verein, der sich für trans* Personen einsetzt und um die Elternschaft von trans* Personen.
Hier empfinden wir die Adjektivschreibung als unangebracht. Es geht nicht um die geschlechtliche Identität der Einrichtung oder des Konzepts: Die Gesundheitsversorgung ist nicht selbst trans*. Ein Verein kann nicht trans* sein, auch wenn die Menschen, die sich dort begegnen, es sind. Und auch Elternschaft identifiziert sich selbst nicht als trans*, vielmehr geht es um die Elternschaft von trans* Personen.

Der Bundesverband Trans* empfiehlt daher bei Einrichtungen, Organisationen und anderen abstrakten Worten, „Trans*“ als Vorsilbe voranzustellen: Trans*gesundheitsversogung, Trans*verein, Trans*elternschaft.

Wie bei zusammengesetzten Substantiven (Zimmertür, Autoreifen, etc.) wird das Wort am Anfang groß und zusammengeschrieben. Um möglichst nahe an grammatikalischen Regeln zu bleiben, die für zusammengesetzte Substantive gelten, raten wir daher von Schreibweisen mit Bindestrich wie Trans*-Organisation oder Trans*-Verein ab.

Das * am Ende des Wortes trans*

Eine Wirkung von Diskriminierung ist, dass Menschen ihre Individualität abgesprochen wird. Diskriminierte Gruppen werden oft zu einem Stereotyp und individuelle Unterschiede werden ausgeblendet. Dies trifft auch auf trans* Personen zu: Die Vorurteile gehen davon aus, dass alle trans* und nicht-binären Personen gleich sind, das gleiche wollen und brauchen.

Das Sternchen am Ende des Wortes „trans*“ soll dieser stereotypen Wahrnehmung entgegenwirken. Es soll die gelebte Vielfalt von trans* und nicht-binären Communitys darstellen. Zudem steht es stellvertretend für die verschiedene (Selbst-)Bezeichnungen, die trans* Personen für sich benutzen: Manche bezeichnen sich als trans*ident, andere als trans*geschlechtlich. Das Sternchen macht sichtbar, dass alle trans* Personen angesprochen sind, unabhängig von den Begriffen, die sie für sich benutzen.

Der Bundesverband Trans* empfiehlt daher, trans* mit einem * am Ende des Wortes zu schreiben.

Der BVT* gendert mit Sternchen

Das Sternchen (auch „Asterisk“) wird von trans* und nicht-binären Communitys und ihren Unter-stützer*innen verwendet, um geschlechtergerecht zu schreiben. Beispiele: Mitarbeiter*innen, Kund*innen, Besucher*innen.

Das Sternchen mit seinen Armen steht für Vielfalt: Die Lebensrealitäten von trans* und nicht-binären Personen sind sehr unterschiedlich. Die Arme des Sternchens symbolisieren das. Daher bevorzugt der Bundesverband Trans* dieses Zeichen bei der Verwendung geschlechtergerechter Sprache: um Vielfalt sichtbarer zu machen.

Ein weiterer Grund für das Sternchen: Das Sternchen nimmt Raum im Wort ein. Es fällt auf, ist deutlich zu sehen und unterbricht den Lesefluss. Das Sternchen ist als eine Intervention in unser Denken gedacht: Jedes Mal wenn beim Lesen ein * ins Auge springt, soll es daran erinnern, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Der Raum, den das Sternchen im Schriftbild einnimmt, schafft in der Sprache, und somit im Denken und Handeln, Raum für Menschen, denen lange Existenzrecht abgesprochen wurde. Das Sternchen trägt dazu bei, dass diese Personen auch gesellschaftlich den nötigen Raum bekommen, um zu leben und sich zu entfalten.

Gesprochen wird das Sternchen wie eine kurze Sprechpause, ähnlich dem Glottisstopp in Worten wie Theater oder Spiegelei.

Der Doppelpunkt – vom Mythos zur Mode

In den vergangenen Jahren kam der Doppelpunkt („Kund:innen“) als Zeichen für geschlechtergerechte Sprache in Mode. Aus Perspektive des Bundesverband Trans* ist der Doppelpunkt jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht geeignet, um geschlechtliche Vielfalt abzubilden.
Ein Grund, der gegen den Doppelpunkt spricht, ist seine Symbolik: Er besteht aus zwei Punkten, die im Gegensatz zum Sternchen nicht Vielfalt, sondern Binarität darstellen. Zwei Punkte, die auch die zwei gesellschaftlich anerkannten Geschlechter sein könnten. Aus diesem Grund wird der Doppelpunkt in den trans* und nicht-binären Communitys sehr selten verwendet.

Ein weiterer Grund, der gegen den Doppelpunkt spricht, ist, dass er im Lesefluss wenig auffällt. Das macht ihn schlecht lesbar. Im ersten Moment könnte er für ein „i“ gehalten werden. Das stellt eine Barriere für die Lesbarkeit dar. Zudem fügt sich der Doppelpunkt zu stark in das Wort ein und nimmt nicht mehr Raum ein als zwingend notwendig. Er schafft somit keinen Raum für nicht-binäre Personen, die sich als weder allein männlich noch nur weiblich verstehen. Von der Symbolik her ist der Doppelpunkt also nicht geeignet, geschlechtliche Vielfalt zu repräsentieren oder dafür zu sensibilisieren.

Hinzu kommt, dass die Annahme, der Doppelpunkt sei barrierefrei und für blinde und sehbehinderte Menschen geeigneter als der Stern, nicht der Realität entspricht. Das schreibt auch der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) auf seiner Homepage.
Der DBSV geht davon aus, dass der Doppelpunkt für sehbehinderte Menschen, die mit Vergrößerungen von Texten arbeiten, schlechter zu erkennen ist als der Stern. Der Doppelpunkt ist daher nicht barriereärmer als der Stern.

Trotzdem wird der Doppelpunkt zunehmend verwendet: Viele glauben an den Mythos, der Doppelpunkt sei barriereärmer und gleichzeitig ist vielen Personen nicht klar, dass die trans* und nicht-binären Communitys den Stern bevorzugen.

So lange kein anderes Zeichen geschlechtergerechte Sprache nachweislich barriereärmer macht, empfiehlt der Bundesverband Trans*, mit dem Sternchen geschlechtergerecht zu schreiben.

Ein kleiner Ausflug in die Geschichte von _ und * als Zeichen für geschlechtergerechte Sprache

Der erste Vorschlag für ein Zeichen zum Gendern war der Unterstrich. Beispiele: Mitarbeiter_innen, Kund_innen, Besucher_innen. Der Unterstrich sollte eine Lücke, einen Raum eröffnen, der bewohnt werden kann: Von den Personen, die sich außerhalb der beiden Geschlechter Mann und Frau identifizieren. Begründet durch einen Aufsatz eine*r Linguist*in aus dem Jahre 2003, setzte sich der Unterstrich in den trans* und nicht-binären Communitys schnell durch. Gesprochen wurde der Unterstrich wie eine kurze Sprechpause, ähnlich dem Glottisstopp in Worten wie Spiegelei oder Theater.

Kritiker*innen gefiel nicht, dass nicht-binäre Personen durch eine Auslassung, eine Leere dargestellt wurden. Zudem ist der Unterstrich eine Linie, womit die Vorstellung eines Spektrums zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit aufgerufen wird. Nicht-binäre Personen finden sich jedoch nicht unbedingt im Zwischenraum zwischen den Polen ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ wieder, viele verorten sich auch außerhalb oder völlig losgelöst von den beiden gesellschaftlich anerkannten Geschlechtern. In den 2010er-Jahren setzte sich daher das Sternchen in den trans* und nicht-binären Communitys durch.
Der Stern öffnet einen zweidimensionalen, in der Vorstellung vielleicht sogar einen dreidimensionalen Raum und veranschaulicht damit, dass nicht-binäre Identitäten vielschichtiger aufgefasst werden können. Zudem gefiel vielen Personen die Symbolik der verschiedenen Arme, die das Sternchen hat und die die Vielfalt innerhalb der trans* und nicht-binären Communitys darstellen. Der Stern setzte sich daher schnell durch und ist in den queeren Communitys bis heute das bevorzugte Zeichen, um geschlechtergerecht zu schreiben.

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Bei Fragen zu diesen Ausführungen wenden Sie sich an Gabriel_Nox Koenig, Pressereferent*in beim Bundesverband Trans* unter 0177 143 184 1 oder unter presse@bv-trans.de

Auf dem Bild sind ein Unterstrich, ein Sternchen und ein Doppelpunkt zu sehen. Sie wurden in der Schriftart Calibri nacheinander getippt. Sie sind schwarz auf weißem Hintergrund.