Ampel-Bündnis verspricht im Koalitionsvertrag ein Selbstbestimmungsgesetz
Im Koalitionsvertrag werden so viele queerpolitische Vorhaben genannt wie noch nie zuvor. Das ist ein historischer Moment für trans* Personen. Denn darunter wird erstmalig bei einer Regierungsbildung vereinbart, ein Selbstbestimmungsgesetz einzuführen.
FDP, Grüne und SPD haben in den vergangenen Wochen über die Pläne für eine neue Regierung verhandelt, ohne dass viele Details an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Nun gibt es seit Mittwochnachmittag Klarheit, welche Vorhaben die Regierung in der neuen Legislaturperiode umsetzen möchte. Ein eigener Abschnitt unter der Überschrift „Queeres Leben“ fasst zusammen, was im Bereich Queerpolitik geplant ist. Zum Thema „Selbstbestimmungsgesetz“ ist hier unmissverständlich festgehalten: „Wir werden das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen.“ Weiter führt der Koalitionsvertrag aus, dass zukünftig die Selbstauskunft gegenüber dem Standesamt für die Änderung des Geschlechtseintrags ausreichen soll. Daneben soll das Offenbarungsverbot erweitert und sanktionsbewehrt werden.
Dazu erklärt Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans*: „Zahlreiche trans* Personen feiern, dass die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes so explizit im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Die Aussicht, dass die jahrzehntelange Stigmatisierung und Diskriminierung im Personenstandsrecht beendet werden soll, ist unglaublich bestärkend. Darauf haben trans* Personen seit Jahrzehnten gewartet. Trans* Personen verdienen Respekt, Anerkennung und gesellschaftliche Teilhabe. Es ist nun wichtig, dass diese Pläne möglichst schnell umgesetzt werden. Die Zeit ist längst überreif für ein Selbstbestimmungsgesetz.“
Neben der Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes äußert sich der Koalitionsvertrag auch konkret zu weiteren queer*politischen Forderungen in einer bisher nie dagewesenen Ausführlichkeit. So wurde die Einführung eines Nationalen Aktionsplans für Akzeptanz und Schutz der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt, ein stärkeres Engagement gegen Hasskriminalität und mehr Unterstützung für queere Geflüchtete festgeschrieben. Daneben sollen die Lebensrealitäten von Regenbogenfamilien stärker im Recht verankert und die EU-weite Anerkennung von Lebenspartner_innenschaften und gleichgeschlechtlichen Ehen sichergestellt werden. Mit Blick auf Gesetzesvorhaben in der vergangenen Legislaturperiode wurde vereinbart, Schutzlücken im OP-Verbot bei inter*geschlechtlichen Kindern und beim Verbot von Konversionsmaßnahmen zu schließen. Spezifisch für die Situation von trans* Person ist geplant, Aufklärungs- und Beratungsangebote zu stärken und die vollständige Kostenübernahme von geschlechtsangleichen Maßnahmen durch die gesetzlichen Krankenkassen umzusetzen. Des Weiteren soll ein Entschädigungsfond für trans* und inter* Personen eingerichtet werden, die medizinische Zwangsbehandlungen oder Zwangsscheidungen erfahren haben.
„Wir freuen uns über dieses deutliche Bekenntnis der Verhandler_innen zu einer Gesellschaft, in der lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Personen selbstverständlich Teil sind“ ergänzt Kalle Hümpfner. „Wir danken allen, die sich in den Verhandlungen für dieses Anliegen eingesetzt haben. Im Koalitionsvertrag wird deutlich, dass wichtige queerpolitische Forderungen, für die wir uns als Verband schon lange einsetzen, unter der kommenden Regierung eine Mehrheit haben werden. Die Hoffnung auf deren zeitnahe Umsetzung sind ein Grund zu Feiern.“
Das komplette Statement zum Koalitionsvertrag kann auch als pdf heruntergeladen werden.