Ende August stellte der Zoll des Frankfurter Flughafens bei der Einreise zweier russischer Transmänner deren gesamte Hormonpräparate sicher, die diese für die Fortführung ihrer bereits vor Jahren begonnenen Hormonersatztherapie bei sich hatten.
Nach ihrer Ankunft hatten sich beide gemeinsam bei der Polizei gemeldet und um politisches Asyl nachgesucht, nachdem sie in Russland mehrmals Opfer politisch motivierter Übergriffe geworden waren.
Im weiteren Verlauf legten sie der Polizei ärztliche Atteste vor, die beiden eine transmaskuline medizinische Behandlung bestätigten sowie die in diesem Zusammenhang notwendige, regelmäßige Versorgung mit den mitgeführten Hormonpräparaten.
Während sich die männlichen Polizeibeamten bei der obligatorischen Durchsuchung der Transmänner korrekt verhielten und auch dem Wunsch der beiden nach Verwendung männlicher Personalpronomen und Vornamen Rechnung trugen, fiel eine Beamtin durch transfeindliches Verhalten und Äußerungen auf.
„Obwohl ihre Kollegen uns fragten, wie wir angesprochen werden wollten und dem auch nachkamen, sprach diese Polizistin uns immer wieder gezielt als ‚Ladies‘ an und misgenderte uns bewusst“, erklärt Anno K., einer der Betroffenen.
Die gleiche Polizistin habe dann veranlasst, dass der Zoll hinzu gezogen wurde. „Obwohl wir immer wieder erklärten, dass die Hormon-Ampullen, die wir jeweils für uns getrennt in unseren Koffern dabei hatten, für unsere Versorgung der kommenden Monate bestimmt waren, bis wir von einem deutschen Facharzt ein neues Rezept ausgestellt bekommen würden, wurden die Präparate einfach zusammengerechnet und meinem Partner zugeschrieben“, beschreibt Anno das Vorgehen des Zolls.
Das Mitführen von Arzneimitteln für drei Monate ist eigentlich gesetzlich gestattet. „Niemand hat überhaupt danach gefragt, wie viele Ampullen denn für drei Monate notwendig sind. Weil der Zoll dann auch noch unsere Medikamente einem von uns alleine zugeschrieben hat, haben sie alles sichergestellt“, sagt Anno.
Beide haben bisher erfolglos die Herausgabe wenigstens einzelner Ampullen beantragt.
Der Bundesverband Trans (BVT) erklärt hierzu: „Das Paradoxe an der Situation ist, dass beide jetzt versuchen müssen nach dem sehr restriktiven Asylbewerberleistungsgesetz auf Kosten der Steuerzahler z.B. über einen Endokrinologen in einem aufwändigen Verfahren neue Hormonpräparate zu beantragen, obwohl sie diese vorsorglich aus ihrer Heimat mitgebracht hatten.“ „Als das Antidopinggesetz 2015 beschlossen wurde, hat man leider versäumt zu berücksichtigen, dass z.B. Testosteronpräparate nicht nur zu Dopingzwecken genutzt werden.“
„Der Bundesverband Trans fordert die Bundesregierung auf, durch entsprechende Verordnungen eine mögliche Kriminalisierung von Transmännern und anderen Männern mit eingeschränkter körpereigener Testosteronproduktion zurückzunehmen.“
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