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Berlin, am 15. August 2018 – Die Bundesregierung hat heute über den Gesetzentwurf des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) zur sogenannten dritten Option beraten und diesen angenommen. Dabei sind zwei wichtige Änderungen gegenüber dem viel kritisierten Entwurf vorgenommen worden: Der dritte Personenstand heißt nicht mehr „weiteres“, sondern „divers“ und es ist eine „Kann-“ und keine „Ist“- Regelung – das ist wichtig: denn damit besteht die Möglichkeit Kinder bei der Geburt als „divers“ einzutragen, es besteht aber auch die Möglichkeit sie als „männlich“ oder „weiblich“ einzutragen.
Dazu erklärt Josch Hoenes von der Bundesvereinigung Trans* e.V. (BVT*):
„Diese Wahlmöglichkeit bildet einen wichtigen Diskriminierungsschutz, zumal intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche den Geschlechtseintrag, der bei ihrer Geburt vorgenommen wurde, relativ leicht ändern können, sobald sie selbst Auskunft über ihr Geschlecht geben und mit der Eintragung im Geburtenregister nicht einverstanden sind. Dass es für diese Änderung allerdings eine medizinische Bescheinigung benötigt, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar und scharf zu kritisieren. Denn wie aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts klar hervorgeht, bezieht sich die Eintragung des Personenstandsregisters auf die Geschlechtsidentität eines Menschen und die ist nicht allein durch körperliche Merkmale zu bestimmen. Damit ignoriert der Gesetzentwurf die Kritik an Pathologisierungen und Gewalterfahrungen, die inter* Menschen im medizinischen System erfahren. Vor dem Hintergrund ist die medizinische Deutungsmacht indiskutabel; darauf haben auch Interessenverbände wie Intersexuelle Menschen e.V. und OII Germany in den Stellungnahmen zum Entwurf deutlich hingewiesen.
Nicht nachvollziehbar ist für die BVT* zudem, wieso die Möglichkeit den bei Geburt vorgenommenen Geschlechtseintrag zu korrigieren nur den Kindern, Jugendlichen und Menschen offen stehen soll, die eine ärztliche Bescheinigung über ‚Varianten der Geschlechtsentwicklung‘ vorlegen können. Zwar wird nun versprochen das seit vielen Jahren reformbedürftige TSG abzuschaffen oder zu reformieren – aber, dass hier eine gute und menschenrechtskonforme Regelung gefunden wird, scheint eher zweifelhaft, liegt doch auch hier die Federführung weiterhin beim BMI, wohl zusammen mit dem Bundesministerium für Justiz. Dies ist für uns sehr enttäuschend, da trans* Menschen, die sich nicht-binär zuordnen davon ausgeschlossen bleiben.“
Hintergrund: Am 10. Oktober 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das Grundgesetz auch die geschlechtliche Identität der Personen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen (BVerfGE 1 BvR 2019/16). Unter Federführung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat hat die Regierung einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Möglichkeit eines dritten positiven Geschlechtseintrags vorsieht – allerdings nur für Personen, die mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen können, dass bei ihnen eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ vorliegt. Damit wird der Zugang nur denjenigen eröffnet, die bestimmte medizinische Diagnosen haben. Diese Beschränkung führt dazu, dass nicht einmal alle intergeschlechtlichen Menschen Zugang hätten. Allen anderen Menschen, die eine dritte Option benötigen, wird dieses Recht versagt.