Presseerklärung des BVT* und des Projekts Trans*Sexworks
Sexkaufverbot verschlechtert die Lage von Sexarbeiter*innen massiv.
Familienausschuss berät am Montag, 23.09., über einen Antrag der CDU/CSU mit dem Titel „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“
Aufgrund eines Antrags der CDU/CSU, der die Einführung eines Sexkaufverbots fordert, findet am 23.09. eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Thema statt, zu der Sachverständige geladen werden.
Der Bundesverband Trans* und das Projekt Trans*Sexworks sehen derartige Versuche, in Deutschland das sogenannte Nordische Modell einzuführen, mit großer Sorge. Bei diesem Modell werden die Kund*innen von Sexarbeiter*innen kriminalisiert und die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen wird verboten. Studien aus verschiedenen Ländern haben gezeigt: Sexkaufverbote dieser Art verschlechtern die Lage von Sexarbeiter*innen massiv1 – und haben insgesamt negative Auswirkungen auf marginalisierte Gruppen:
Neben dem Verbot, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, würde auch die Vermietung von Wohnungen an Sexarbeiter*innen kriminalisiert. Dies betrifft in der Umsetzung auch die Privatwohnung. Eine direkte Folge hiervon wäre, dass Vermieter*innen u.a. Personen, die trans* und/oder von Rassismen betroffen sind, keine Wohnungen mehr vermieten. „Personengruppen, denen vorgeworfen wird, Sexarbeiter*innen zu sein, werden in die Obdachlosigkeit gedrängt“, führt Caspar Tate von Trans*Sexworks aus. Neben Kund*innen werden zudem auch alle anderen Personen, die von der Sexarbeit einer Person profitieren, kriminalisiert. Dies kann auch Partner*innen oder Kinder einer Person, die der Sexarbeit nachgeht, betreffen.
Nora Eckert aus dem Vorstand des BVT* sagt dazu: “Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Kriminalisierung nicht der richtige Weg in der Debatte um Sexarbeit ist. Soziale Verantwortung sieht anders aus und gefährdet nicht die Existenzgrundlage von Menschen. Als BVT* stehen wir für die Menschenrechte von trans* Sexarbeiter*innen ein. Sie sind Teil unserer Community und Solidarität mit ihnen ist das Mindeste.”
Dazu erklärt Caspar Tate von Trans*Sexworks: “Sexarbeit ist eine Arbeit, der schon immer viele trans* Personen nachgegangen sind, auch in Deutschland. Eine Kriminalisierung wird nicht nur uns Sexarbeiter*innen treffen, sondern auch negative Konsequenzen für alle trans* Personen haben. Armut und Ausbeutung gehört bekämpft, nicht Sexarbeit!”
Ein Sexkaufverbot verhindert nicht Sexarbeit, sondern sorgt für eine Verlagerung dieser in die Illegalität. Dies verschlechtert ohnehin prekäre Arbeitsbedingungen weiter und treibt Sexarbeiter*innen in gesellschaftliche Isolation. Sexarbeiter*innen werden dann durch Präventionskampagnen kaum noch erreicht und können sich z.B. beim Erleben von Gewalt keine Hilfe holen.
Der Bundesverband Trans* und das Projekt Trans*Sexworks fordern Gesetze, die Sexarbeiter*innen entkriminalisieren, entstigmatisieren und gesellschaftliche Anerkennung von Sexarbeit als Arbeit vorantreiben. Hürden im Zugang zur Gesundheitsversorgung müssen abgebaut und unterstützende Angebote wie (Peer-)Beratung müssen ausgebaut werden.
Weiterlesen:
1 Evaluationsbericht zum Thema 20 Jahre Sexkaufverbot in Schweden.
sowie:
Alexandra Oliveira, Ana Lemos, Mafalda Mota, Rita Pinto: Understanding the Impact of EU Prostitution Policies on Sex Workers: A Mixed Study Systematic Review. In: Sexuality Research and Social Policy. Band 20, Nr. 4, 1. Dezember 2023, ISSN 1553-6610, S. 1448–1468, doi:10.1007/s13178-023-00814
Details zur Anhörung und PDFs aller eingereichten Stellungnahmen.