Peer-Beratung (als Beratung von trans* und nicht-binären Menschen durch trans* und nicht-binäre Menschen) hat eine tragende Funktion für transgeschlechtliche, nicht-binäre und gender-nonkonforme Menschen aus den Communities. Oftmals sind sie die erste Anlaufstelle und Ort der solidarischen Begegnung für trans* Menschen. Berater*innen, die selbst über trans* und/oder nicht-binäre Perspektiven und Lebenswelterfahrungen verfügen, sind in besonderem Maße sensibilisiert für die Bedarfe der Ratsuchenden. Gleichzeitig kennen sie die alltäglichen Aspekte geschlechtsbezogener Marginalisierung, Minderheitenstress und Diskriminierung.
Dieses einzigartige Potential soll als communitybasierte Peer-Beratung regional nutzbar gemacht werden. Dabei sollen Ratsuchende individuelle Unterstützung erhalten. Gleichzeitig müssen Beratende für die vielfältigen Anliegen und oft herausfordernden Beratungssituationen professionalisiert werden. Sensibel und professionell beraten bedeutet, gelingende Beratungsbeziehungen zu schaffen, die vertrauensvoll und konstruktiv sind. So werden Ratsuchende empowert, den eigenen Transitionsweg zu gehen.
Diese Fortbildungsreihe setzt sich mit den Herausforderungen der Peer-Beratung auseinander und bietet viele praktische Instrumente an.
Unsere Fortbildungsreihe sensibilisiert in vier Modulen zu wertschätzender und fachkundiger Peer-Beratung, damit Beratende den vielfältigen Situationen des Beratungsalltags gelassen und professionell begegnen können.
Die Teilnehmenden beschäftigen sich u.a. mit
- der Rolle als Peer-Berater*in,
- Kommunikations- und Analysetechniken,
- Kompetenzen und Grenzen des Peer-Beratungssettings im Hinblick auf soziale, rechtliche und medizinische Transitionsanliegen,
- Organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen,
- Umgang mit Krisen, Belastungen und Grenzen,
- Empowerment der Ratsuchenden (und Beratenden) und
- Reflexion der eigenen trans*geschlechtlichen Biographie hinsichtlich der Beratungspraxis
Die erfolgreiche Teilnahme an der Fortbildung führt zu einem Zertifikat des Bundesverbandes Trans*.
Bevor die einzelnen Module vorgestellt werden, ist sie grundsätzliche Arbeitsweise entscheidend: Die Inhalte werden jeweils anhand von dialogischem Gespräch, multimodalen Übungen und fachpraktischen Beispielen erarbeitet und vertieft. Der konkrete Transfer des Gelernten auf die eigene Lebens- und Arbeitswelt soll unmittelbar nach jedem Abschnitt möglich sein.
Modul I: 24.-26.03.2023 Bildungs- und Tagungszentrum HVHS Springe e.V. (Präsenz)
Im ersten Modul werden Fragen zur Haltung reflektiert und Arten von Beratung, Beratungsanliegen sowie Aufgaben und Ziele von Beratung erarbeitet. Die Lebenswelt(en) der Ratsuchenden wird in auf Aspekte wie Minderheitenstress, Diskriminierungserfahrungen und Intersektionalität betrachtet. Die daraus entstehenden Vorerwartungen und potentiellen Barrieren für die gemeinsame Beratungsarbeit müssen mitgedacht werden, um empathisch auf Bedürfnisse der Menschen eingehen zu können. Ergänzend werden an diesem Wochenende intensiv Kommunikationsformen analysiert und reflektierbar gemacht.
Modul II: 02.-04.06.2023 online via Zoom
Im zweiten Abschnitt werden Transitionsoptionen (rechtlich, sozial, medizinisch) als individuelle Wege detailliert besprochen. Ziel ist, dass die Komplexität des erforderlichen Fachwissens strukturiert lernbar gemacht wird. Neben konkreten Hinweisen und Fakten zu Optionen der Namens- und Personenstandsänderung findet Austausch zu aktuellen politischen Entwicklungen und Erfahrungen in den jeweiligen Bundesländern statt. Behandelt wird auch das konkrete Prozedere medizinischer Optionen, deren Beantragung und Beratungsanliegen zur OP-Vorbereitung. Hier liegt ein Fokus speziell auf Beratung zur Antragsstellung bei Krankenkassen, Beurteilung von Gutachtenqualität und dem Erstellen von Widersprüchen.
Neben dem Faktenwissen zu Transitionswegen werden wieder die eigene Haltung und ethische Aspekte reflektiert. Ziel ist, Ratsuchende bei einer selbstbestimmten und informierten Transition zu unterstützen.
Modul III: 25.-27.08.2023 online via Zoom
Auch die beste Beratung leidet unter schlechter Vorbereitung und mangelhaften räumlichen Gegebenheiten. Im dritten Abschnitt werden Raumanforderungen, organisatorisches rund um die Sitzungen und die Dokumentation von anonymer Beratung erarbeitet. Hierbei werden individuelle Lösungen für die jeweiligen lokalen Gegebenheiten der Teilnehmenden gesucht. Es wird unterschieden, welche Formen der Dokumentation beispielsweise für Geldgeber:innen wichtig sind und was eher der kommenden inhaltlichen Arbeit gebraucht wird. Zusätzlich erarbeiten wir eine routinierte Struktur für Beratungseinheiten, die auch dem Aufbau einer professionellen Beratungsbeziehung zuträglich ist.
Modul IV: 06.-08.10.2023 Bildungs- und Tagungszentrum HVHS Springe e.V. (Präsenz)
Um die gesammelten Erfahrungen und Inhalte abzurunden, wird im letzten Abschnitt an schwierigen Situationen in der Beratung gearbeitet. Um sich selbst und das Verhalten anderer zu verstehen, sind destruktive Dynamiken und teilbewusste Motive innerhalb sozialer Interaktion spannende Ansatzpunkte. Thematisiert wird, welche Rollen in Konflikten Menschen einnehmen und welche dabei individuelle Stolperfallen der Teilnehmenden sind. Zentral ist hierbei, wie diese Rollen konstruktiv verändert und nutzbar gemacht werden können. Ebenfalls behandelt werden Problemlösestrategien und Grenzen der Beratung. Abschließend werden empowernde professionelle Unterstützungsideen und Vernetzungsangebote gesammelt.
Die Teilnahme an allen Modulen ist Voraussetzung für den Erhalt des Zertifikates.